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Steinadler

Jesaja, prophet in einer Krisenzeit

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Eine Zeit der politischen und spirituellen Krise :

Jesaja 40 27-31

Israel und Juda unter der Herrschaft des Assyrisches Reich

Es ist im 2. Buch der Könige, Kapitel 16 bis 20, zu lesen.

Jesaja, Krisenzeit
Karte des alten Assyrien

Jesaja war über 40 Jahre lang Prophet in Jerusalem, vom Ende der Königsherrschaft des Hoscheas, im Jahr 740, bis zum Anfang derjenigen des Manasses, gegen 686. Seit über einem Jahrhundert zwingt Assyrien, die politische und militärische Weltmacht der Zeit, den kleinen Staaten Syrien, Israel und Juda, seine Oberherrschaft auf.

Durch die pro-assyrische Partei

Dieser Einfluss wird über die assyrien freundliche Partei ausgeübt, die daraufhin zielt, den König und die Politik ihrer Wahl durchzusetzen. Dies geschieht jedoch nicht ohne Widerstand von der gegnerischen Partei her, was zu Machtkämpfen führt. Mehrere der letzten Könige Israels bringen ihren Vorgänger um und werden von ihren Nachfolgern ermordet.

Die kleinen Staaten treten Bündnissen bei, um sich aufzulehnen. Sie verweigern die Entrichtung der auferlegten Steuern, sie suchen die Unterstützung Ägyptens, der anderen Weltmacht

Allianzen mit katastrophalen Risiken

Jesaja widersetzt sich diesen Bündnissen mit fremden Mächten. Sie verursachen Götzendienst durch die Tendenz, den Gottheiten, den Götzen des Stärkeren, des Übermächtigen zu frönen.

Er verkündigt sowohl das Ende der Vassal Staaten wie dasjenige Assyriens und dann Babyloniens, der aufeinanderfolgenden oberherrschenden Reiche. Nur ein Rest des Volkes Gottes wird Buße tun und zurückkehren.

Ahas, ein götzendienerischer König Judas, legt mehr Wert auf das Bündnis mit Assyrien als auf das Vertrauen auf Gott im Konflikt zwischen ihm und den Königen Syriens und Israels. Das Königreich Juda wird zu einem Satellitenstaat Assyriens. Wie es Jesaja vorausgesagt hatte, wird das Königreich Syrien 732 vernichtet, das Königreich Israel verschwindet im Jahr 722 und seine Bevölkerung wird nach Assyrien verschleppt.

Hiskia, ein treuer König, aber..

Hiskia, der Sohn und Nachfolger des Ahas, ist ein gottesfürchtiger König, der Gott volles Vertrauen schenkt. Die Kapitel 36 bis 39, der geschichtliche Teil im Buch Jesajas, erzählen seine Auseinandersetzung mit Assyrien. Im Jahr 701 wird Jerusalem von Sanherib und seinem Heer belagert. Jerusalem wird durch ein Wunder befreit, wahrscheinlich durch eine Pestseuche, die Tausende von Toten fordert.

Jesaja muss aber auch den Hochmut und den Leichtsinn des Königs anprangern, der der babylonischen Gesandtschaft Merodach-Baladans alle seine Schätze, d.h. seine militärische Macht zur Schau legt. Diese war wohl gekommen, um ihn zu seiner Genesung zu beglückwünschen, aber hauptsächlich um ein Verbündnis gegen Assyrien aufzurichten. Später werden die Babylonier wieder kommen, aber als Sieger und sie werden Hiskias Nachkommen in Gefangenschaft mitnehmen.

Die Prophezeiung Jesajas : Ermutigung in Krisenzeiten

Die Kapitel 40 und folgende können aus verschiedenen Gesichtspunkten gelesen werden.

Jesaja, ein Prophet des 8. Jahrhundert wendet sich wahrscheinlich in erster Linie an seine Zeitgenossen, die der Belagerung Jerusalems beim Rückzug Sanheribs im Jahr 701 entkommen sind. Sie haben keine eigentliche politische Unabhängigkeit zurückerlangt und fürchten weiterhin eine Invasion.

Die Botschaft kann auch Manasses Zeitgenossen gelten. Dieser war der schlimmste aller Könige Judas. Sein Götzendienst und seine Verbrechen werden das Gericht und die von Hiskia angekündigte Verbannung unabwendbar mit sich ziehen.

Schließlich kann diese Prophetie auch eine Botschaft für die Verbannten bedeuten, die sie viel später in Babylonien, nach Jerusalems Einnahme, lesen werden.
Diejenigen, die dem Herrn treu bleiben wollen, brauchen neuen Mut. Sie müssen wissen, dass es jenseits der Verbannung, jenseits der Prüfungen für Gottes Volk eine Zukunft geben wird.

Jesaja mahnt gegen die Verbündnisse, die zur Abgötterei führen. Er sagt das Ende Israels, Judas und der großen Weltreiche voraus. Nur ein Rest wird zurückkommen.

Protest and Entmutigung

Warum sagst du, Jakob, und sprichst du, Israel: Mein Weg ist verborgen vor dem HERRN, und meinem Gott entgeht mein Recht ? (Isaiah 40:27 ELB)

Es wird protestiert :

« Mein Schicksal entgeht dem Herrn ! »

Da wird jemand angeklagt :

Gott kümmert sich nicht um meine Bestimmung, er ignoriert Meine Rechte bei einem großen M

Da protestiert jemand :

der Prophet nennt ihn bei Namen, es ist Jakob/Israel, das Bündnisvolk.

So Vieles hatte Israel mit Gott erlebt. Er hat es erwählt, er hat sich ihm offenbart, er hat es gewarnt und ihm Verheißungen gegeben… Sollte Gott sich nicht um sein Volk kümmern ? Welch ein Widerspruch !

Seine « warum » ruft  Jesaja als Tadel aus : warum sagst du… warum wiederholst du ?

Der Prophet will sie dazu bringen, ihre Gedanken, ihre Haltungen und ihre Taten zu überprüfen.

Die hebräische Zeitform des zweiten Verbs (wiederholst du) deutet an, dass sich Beschweren in Juda zur Gewohnheit geworden war.

Mein Weg ist verborgen, Gott entgeht mein Recht bedeutet, anders gesagt, Gott tut nichts, um mein Recht zu verteidigen.

Das hebräische Verba „abar“ bedeutet wörtlich « daran vorbei gehen, nicht in Betracht ziehen, ignorieren », wie wenn jemand direkt neben uns geht, ohne auf uns zu achten. Auf der Straße habe ich mit dem Auto eine Panne und die Wagen fahren an mir vorbei, ohne anzuhalten.

Wir sind entmutigt

Israel beschwert sich : sein Recht und seine Gerechtigkeit stehen in Gottes Plan nicht an erster Stelle. Gott ist nicht gerecht, er hätte nach unserer Auffassung handeln sollen.

Auf den ersten Blick hat Israel recht : zu oft haben viele Könige sein Recht und seinen Sinn für Gerechtigkeit verachtet. Davor hatte sie Samuel gewarnt, als sie einen König verlangten (1 Samuel 8).

Die politische Lage dieser Zeit ist düster. Das Kaiserreich beherrscht weiterhin das Land, sei es Assyrien oder, in prophetischer Sicht, Babylonien. Sie bestimmen alles in politischer oder militärischer Hinsicht.

Das belagerte und hungernde Jerusalem wurde auf wunderbare Weise 701 unter Hiskias Regierungszeit befreit (2. Könige 19.35-37), aber für wie lange ? Seine Zerstörung und die Wegführung seiner Bevölkerung in Gefangenschaft sind schon vorangekündig, aber für wann ?

 

Jesaja, Krisenzeit, Gott
Mohnblumen

Alles Fleisch ist Gras, unbeständig wie die Blumen auf dem Feld (Jesaja 40. 6-7)

Es gibt keine Hoffnung, dass die kaiserliche Fremdherrschaft schwächer wird. Auch keine Hoffnung, dass Israel wieder genug Macht gewinnt, um diese Herrschaft abzuschütteln. Die wenigen Versuche der letzten Könige Israels und später der letzten Könige Judas waren erbärmlich gescheitert. Das Königreich Israel verschwand im Jahr 722 und das von Juda im Jahr 586 v. Chr.

Aber wie kann man sich getrauen zu protestieren ?

Gott ist nicht nur der Schöpfer, sondern auch derjenige, der alles, Himmelskörper, Nationen und Individuen bewahrt. Also, wie könnt ihr, Gottes Volk, mit all den Verheißungen und Privilegien, die euch allein unter allen Nationen gewährt wurden, behaupten, dass Gott euch verlassen hätte?

Dieser Protest stellt auch die Frage :

Wer steht am Ruder des Schiffs, wer leitet die Welt, wer bestimmt die Richtung der Geschichte, wer legt die Rolle des Volkes Gottes fest ?

Die Antwort ist offensichtlich. Doch will Gott durch Jesajas Worte seinem Volk helfen, nachzudenken. Natürlich hat sich an seiner Lage nichts verändert, aber es kann nicht voraussehen, wie sich die Dinge entwickeln werden. Ihm fehlt die Einsicht auf Gottes Größe.

Was lernen wir aus diesen Aussagen über die Ansichten des Volkes Gottes und über unsere eigene ?

Das mir geschuldete Recht entgeht meinem Gott.

Anders gesagt : wir erhalten die richtige Hilfe nicht im richtigen Augenblick. « Das Leben » ist nicht gerecht !

Ist das Unglaube oder Unwissenheit ? Oder gar beides ?

Wir glauben nicht wirklich, dass Gott in der Lage ist, alle Einzelheiten unseres Lebens zu kennen.Wir wissen nichts von der Liebe, die er uns schenkt. Gott interessiert sich nicht für uns, er hat anderswo zu viel zu tun, um unsere Bedürfnisse zu beachten.

Diese Anschuldigungen veranschaulichen,  wie sich die Seele verhärtet : Selbstmitleid, Bitternis, Frust, Wut. Wir bekommen nicht, was wir wollen, so dass wir uns von Gott vernachlässigt oder verlassen glauben; „Niemand liebt mich.“ Die Prüfungen und Schwierigkeiten des Lebens bedeuten nie, dass Gott uns vergessen hat, oder sich nicht um uns kümmert.

Ein ewiger Gott der hält den Steuer fest im Griff : Jesaja 40.28

Hast du es nicht erkannt oder hast du es nicht gehört ? Ein ewiger Gott ist der Herr, der Schöpfer der Enden der Erde. Er ermüdet nicht und ermattet nicht, unergründlich ist seine Einsicht

 

Ein Volk ohne Verständnis

Im Vers 28 leitet der Prophet eine zweite Reihe Fragen an sein Volk ein

Hast du es nicht erkannt oder hast du es nicht gehört ? das heißt : Hast du denn kein Verständnis ?

Was das Volk von Gott weiß, ist sachfremd und oberflächlich ; sein äusserliches und seichtes Praktizieren der Religion hat die Herzen verschlossen und verhärtet (Jesaja 29.13).

Gottes unergründliches Wesen

Der Prophet verkündigt Gottes unergründliches Wesen. Der Herr ist Gott seit aller Ewigkeit. Seine Handlungsweise bezieht die Dauer ein, sie beschränkt sich nicht auf die Gegenwart. Er rechnet nicht nach menschlichem Maßsystem, sondern in kosmischen Dimensionen, sein Maßstab ist die Weite und die Entfernung des Himmels (Jesaja 40.12) und der Sterne (Jesaja 40.26).

Er schafft die Enden der Erde

Allein er kann die weit gedehnten Ozeane ausmessen, die Berge und Hügel wiegen (Jesaja 40.12). Sein Schöpferwerk und seine Vorsehung kommen allen Ländern und allen Geschöpfen der Erde zugute, nicht nur Israel. Er schmiedet Pläne für Assyrien, dann für Babylonien und später noch andere für Persien mit Cyrus sowohl wie für Israel. Israel schränkt seine Rechtsprechung und seine Gerechtigkeit in den Rahmen seines kleinen Landes ein. Es hat eine so enge Auffassung der Zeit, dass es sofort zufrieden gestellt werden will.

Er ermüdet nicht und ermattet nicht,

sogar nachdem er die Himmel wie einen Schleier ausgespannt hat (V. 22) und er das Heer der Sterne hat hervortreten lassen (V. 26, Elberfelder).

Unergründlich ist seine Verstandeskraft

Er ist unabhängig und braucht keine Hilfe von uns.

Mit wem beriet er sich, dass er ihm Einsicht gegeben hätte ? (V. 14, Elberfelder)

Nichts kann Gott bedrohen

Die Völker sind wie Tropfen Wasser in einem Eimer, wie Sandkörner (V. 15). Vor ihm sind sie wie nichts und gelten ihm als nichtig und leer (V. 17). Assyriens und Babyloniens Macht kann einem schrecklich vorkommen, vor Gott ist sie nichts. Könige gibt er dem Nichts anheim, wie Strohhalme (V.23-24)

Gott gibt Kraft und Mut : Jesaja 40.29-31

Er (Gott) gibt dem Müden Kraft und dem Ohnmächtigen mehrt er die Stärke. Jünglinge ermüden und ermatten, und junge Männer straucheln und stürzen. Aber die auf den Herrn hoffen, gewinnen neue Kraft, sie heben die Schwingen empor wie die Adler, sie laufen und ermatten nicht ; sie gehen und ermüden nicht. (Elberfelder)

Er gibt dem Müden Kraft und schenkt dem Ohnmächtigen Stärke in Fülle (Bruns) (dem Unvermögenden, Schlachter)

Gott angewandt bedeutet diese Kraft seine Allmacht

Diese Kraft für den Müden, diese Stärke für diejenigen, die ans Ende ihrer Möglichkeiten gekommen sind, stellt er Israel zur Verfügung. In den Versen 6 und 7 wird Israel als eine verwelkende Blume, als  verdorrtes Gras beschrieben. Er schenkt sie all denen, die ihre Schwäche, ihre Begrenztheit zugestehen. Er gibt sie sogar denen, die sich stark wähnen, die riskieren schwach zu werden und umzufallen.

Wenn gleich Jünglinge matt werden und junge Mânner völlig straucheln... (Bruns)

Jünglinge ist eine Ableitung vom Wort zum Waffentragen Erlesener, Gewählter, es geht also um Männer in ihrer vollen Kraft. In den meisten Anwendungen wird dieses Wort in einem Umfeld des Gerichts benutzt.

Selbst die Jünglinge, ein Sinnbild der Energie und ein Zeichen der Erneuerung des Volks, straucheln und fallen um. Menschliche Kraft ist manchmal eine geringe Sache und gleicht manchmal eher der Sturheit, dem Eigensinn, dem Wahn, man sei stark.

Wahre Stärke besteht darin, sich nicht auf falsche Standpunkte zu versteifen, seiner Grenzen bewusst zu werden, sich nichts über seine Fähigkeiten oder über seine langfristige Widerstandskraft einzubilden. Echte Kraft liegt im Vertrauen auf Gottes unbegrenzte Möglichkeiten

.. So gewinnen doch die, die auf den Herrn harren, neue Kraft.

Es wachsen ihnen neue Schwingen wie den Adlern. Sie laufen und werden nicht müde (Bruns).

Sich dem Herrn anvertrauen, ist eine Hoffnung, die etwas erwartet oder eine Erwartung, die hofft. Vertrauen erkennt man mit der Zeit. Jesaja ermuntert seine Landsleute, von denen er prophetisch weiß, dass sie später nach Babylonien verschleppt werden, im Glauben festzubleiben.

Ein Adler schwingt sich in die Lüfte, jedoch nicht dank der Kraft seiner Flügel, sondern durch die Windströme, die seine Flügelspitzen anheben.

Nicht durch Macht oder Gewalt, sondern allein durch meinen Geist (Zach. 4.6).

Wer Gott vertraut, wird durch Gottes Geist getragen. Er erhält die notwendige Kraft und Geduld, um die schwierigen Stationen zu ertragen, um nicht müde oder schwach zu werden, sondern um den Weg weiterzugehen.

Legen wir uns nicht auf unsere Rechte fest und sinken wir nicht in die Depression, sondern bleiben wir still vor dem Herrn und hoffen wir auf ihn (Ps 37)! Unterwerfen wir uns Gott, nach Christi Vorbild (1 Peter 2.21)

C.Streng