{"id":4071,"date":"2016-04-01T18:57:20","date_gmt":"2016-04-01T17:57:20","guid":{"rendered":"http:\/\/theosnotizen.com\/?p=4071"},"modified":"2016-04-01T18:57:20","modified_gmt":"2016-04-01T17:57:20","slug":"bonhoeffer-in-tegel-inhaftiert-widerstand-und-ergebung","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/billetdetheo.com\/theosnotizen\/2016\/04\/01\/bonhoeffer-in-tegel-inhaftiert-widerstand-und-ergebung\/","title":{"rendered":"Bonhoeffer in Tegel inhaftiert – Widerstand und Ergebung"},"content":{"rendered":"
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Als man nach einigen Tagen auf Bonhoeffers famili\u00e4re Beziehungen aufmerksam wird, verbessert sich seine Lage im Tegeler Gef\u00e4ngnis. Er bekommt eine gr\u00f6ssere Zelle, reichlichere Rationen, die er aber aus Solidarit\u00e4t mit den anderen H\u00e4ftlingen ablehnt, einen t\u00e4glichen Spaziergang mit dem Hauptmann der Strafanstalt. Es wird ihm erlaubt, einen Bericht \u00fcber die unheilvolle Lage zu schreiben, in der die H\u00e4ftlinge vergessen werden. \u00ab\u00a0Eine Luftmine ist in 25 Meter Entfernung explodiert, die Fensternscheiben sind herausgeflogen, das Krankenrevier hat kein Licht mehr, au\u03b2er uns, die wir dort waren, bek\u00fcmmert sich niemand um die hilfeschreienden H\u00e4ftlinge\u00a0; doch auch wir konnten in der Dunkelheit wenig helfen\u00a0\u00bb.<\/em> Es kommt zu sympathischen Unterhaltungen und Diskussionen7 : Einige herausragende Augenblicke, wie eine Unterhaltung allein mit Eberhard Bethge, l\u00e4nger als die vorgeschriebene Dauer, bringen ihm ein gro\u03b2es Gl\u00fcck. Er f\u00fchrt einen immer wiederholten Kampf, um sein Leben zu sch\u00fctzen und um das Leben der anderen nicht zu gef\u00e4hrden, insbesondere das Leben seines Schwagers Hans Dohnanyi, der ebenfalls am 5. April 1943 verhaftet wurde und schwer krank ist11. oder folgende Stellungnahme\u2026 deren Ergebnis keinen Zweifel bestehen l\u00e4sst\u00a0: Bonhoeffer wird nie auf die Seite der Feigen neigen. Seine Lebensbedingungen veranschaulichen auch die Umst\u00e4nde, die er in Gemeinsames Leben<\/strong> <\/em>beschreibt\u00a0: nicht die Einsamkeit eines Klosters, sondern das eigentliche Lager der Feinde16<\/em> Fortsetzung folgt<\/p>\n
\nEr unterstreicht die kriecherische H\u00f6flichkeit derer, die ihn vorhin beschimpften\u00a0: \u00ab\u00a0Ich sch\u00e4mte mich nicht desto weniger f\u00fcr die anderen, es war peinlich\u00a0\u00bb.1 Mit etwas Humor weist er auf den Besuch seines Onkels Paul hin.2<\/em>
\nEr darf Besucher, P\u00e4ckchen und Post empfangen, Briefe schreiben, die manchmal nicht zensiert werden3 Er verbringt Zeit im Krankenrevier, nicht um gepflegt zu werden4, sondern um nach der Bombardierung Borsigs5 \u00a0Ende November 1943 seine Hilfe anzubieten.<\/p>\nUnheilvolle Lage der H\u00e4ftlinge<\/h4>\n
\n \u00ab\u00a0In diesem Bericht zeige ich die Notwendigkeit der \u00e4rztlichen Versorgung bei Alarmen. Hoffentlich n\u00fctzt es was. Ich bin froh, irgendwie mithelfen zu k\u00f6nnen, und zwar an vern\u00fcnftiger Stelle6<\/em>\u00bb.<\/p>\nSympathische Unterhaltungen<\/h4>\n
\n\u00ab\u00a0Die H\u00e4ftlinge, die in der K\u00fcche oder nachmittags drau\u03b2en arbeiten, sagen einander die Nachricht weiter, ich sei im Krankenrevier und sie suchen irgend einen Vorwand, um heraufzukommen, weil sie sich gern mit mir unterhalten. Das ist nat\u00fcrlich nicht erlaubt, aber es macht mir Freude, es zu erfahren<\/em>\u00a0\u00bb.
\nManchmal wird er sogar mit Hochachtung behandelt\u00a0:
\n\u00ab\u00a0Eben sagte der Unteroffizier, der mich vom Revier in meine Behausung brachte, etwas verlegen l\u00e4chelnd, aber doch ganz ernst zu mir\u00a0: \u00ab\u00a0Beten Sie doch, Herr Pfarrer, dass wir heute keinen Alarm kriegen\u00a0!<\/em>\u00a0\u00bb8
\nUnd er versteht es auch, sich Respekt zu verschaffen, auch von denen, die keine Lust dazu gehabt h\u00e4tten9<\/p>\nGl\u00fcck einer Unterhaltung mit seinem Freund und sp\u00e4teren Biographen Eberhard Bethge<\/h4>\n
\n\u00ab\u00a0Dein Besuch st\u00e4rkt mich weiterhin ununterbrochen. Was haben wir nicht alles in diesen neunzig Minuten er\u00f6rtert und von einander erfahren\u00a0! Ich danke Dir nochmals, dass Du es geschafft hast, diese Genehmigung zu bekommen\u00a0<\/em>\u00bb10.<\/p>\nKampf f\u00fcr sein Leben und das Leben der anderen<\/h3>\n
\n\u00ab\u00a0Roeder12 wollte mir am Anfang gar zu gern an den Kopf, nun musste er sich mit einer h\u00f6chst l\u00e4cherlichen Anklage begn\u00fcgen, die ihm wenig Ruhm eintragen wird\u00a0\u00bb13.<\/em>
\n \u00ab\u00a0In den letzten Tagen war ich wieder ein paarmal in der Stadt (zu Verh\u00f6ren) mit sehr befriedigendem Ergebnis. Da aber die Zeitfrage ungel\u00f6st bleibt, so verliere ich eigentlich das Interesse an meiner Angelegenheit\u00a0<\/em>\u00bb14.<\/p>\nZwischen Widerstand und Ergebung,<\/h3>\n
\nIch habe mir hier oft Gedanken dar\u00fcber gemacht, wo die Grenzen zwischen dem notwendigen Widerstand gegen das \u00ab\u00a0Schicksal\u00a0\u00bb und der ebenso notwendigen Ergebung liegen. Der Don Quijote ist das Symbol f\u00fcr die Fortsetzung des Widerstands bis zum Widersinn, ja zum Wahnsinn. Der Sancho Pan\u00e7a ist der Repr\u00e4sentant des satten und schlauen Sichabfindens mit dem Gegebenen\u2026 Der Glaube fordert dieses bewegliche, lebendige Handeln. Nur so k\u00f6nnen wir die jeweilige gegenw\u00e4rtige Sitution durchhalten und fruchtbar machen15.<\/em><\/p>\nIm Lager der Feinde<\/h3>\n
\nMan gew\u00e4hrt ihm weder einen Seelsorger17, noch einen Gottesdienst in einer sichtbaren christlichen Gemeinschaft, aber seine Situation empfindet er folgenderma\u03b2en\u00a0: \u00ab\u00a0Die christliche Br\u00fcderlichkeit ist kein menschliches Ideal, sondern eine von Gott gegebene Wirklichkeit. ..Es ist eine von Gott geschaffene Wirklichkeit, an der wir teilhaben d\u00fcrfen<\/em>\u00a0\u00bb18.<\/p>\n